Schreiben tut der Seele gut

Schreiben tut der Seele gut

Die Telefonseelsorge Düsseldorf berät auch online

„Google das doch mal“ – fast schon ein Standardsatz in den Wechselfällen des Alltagslebens, wenn man nicht weiter kommt. Auch bei der Bewältigung von Lebenskrisen hilft die elektronische Kommunikation.

Seit zwei Jahrzehnten gibt es im Rahmen der ökumenischen Telefonseelsorge sowohl eine Chat- als auch eine Mail-Seelsorge. Der Seelsorger Rüdiger Kerls-Kress berichtet von seinen Erfahrungen.

„Das lässt mich lächeln – ein Mensch, der mir via E-Mail ein sicheres Gefühl vermittelt. Toll, dass es Ihre Mailberatung gibt!“, so schreibt mir gerade eine Ratsuchende. Sie steckt mitten in einem „Rosenkrieg“ mit ihrem Noch-Ehemann. Im schweren Streit um das Wohl der gemeinsamen Kinder sucht sie jemanden, der ihre Sorgen versteht, ihre Ängste um sich selbst und die Zukunft ihrer Kinder. Da ist es etwas leichter, wenn der Ansprechpartner beständig ist, und die Ratsuchende nicht bei jedem Anruf die ganze komplizierte Geschichte von neuem erzählen muss, wie es bei unserem telefonischen Angebot der Fall ist. Und sie fühlt sich verstanden und unterstützt. Auch mir als Seelsorger gibt es ein angenehmes Gefühl, eine Situation länger zu begleiten, auf dem Laufenden zu bleiben, bis sich unsere Wege wieder trennen.
So gibt es bei der Telefonseelsorge auch Wegbegleitung per Mail und Chat. Auch wenn wir auf der hyperschnellen Datenautobahn des Internets eher die langsamen Schleichwege benutzen, wo sich zwei Wanderer verschwiegen austauschen können über die Anstrengung des Lebens.

Wer schreibt, der erklärt sich selbst, sagt man. Schon das Schreiben tut der Seele gut. Wer ein Tagebuch nutzt, kennt das. Da lösen sich manche Knoten im Gehirn, verworrene Gedanken werden zu einem sichtbaren Faden, und mit Hilfe eines Mit-Lesenden färbt sich dieser sogar manchmal rot. Dies ist, was wir in der Mailberatung der Telefonseelsorge anbieten: das Mitlesen des Tagebuches und einen mitmenschlichen, einfühlsamen Kommentar dazu.
Das ist im Zeitalter von Facebook, Twitter und Internetblogs ja nichts Neues. Aber die Menschen, die uns schreiben, möchten dies nicht öffentlich tun. Sie nutzen die vertrauliche Atmosphäre, die die Telefonseelsorge bietet, zum Austausch ihrer ganz privaten Sorgen. Sie sprechen über die Konflikte mit ihren Familienangehörigen, über Arbeitssucht, ihre Missbrauchserfahrungen, über ihre Einsamkeit und Depression, ihre Hoffnungslosigkeit und sehr häufig über ihre Suizidgedanken. Mehr noch als das Gespräch am Telefon sind die „stillen“ Medien, Mail und Chat, die bevorzugte Wahl vieler, um ihre dunkelsten Gedanken einmal jemandem mitzuteilen. Ganz häufig werden wir Zeugen eines inneren Albtraums, der selbst in der eigenen Familie noch nicht veröffentlicht wurde.
Auf der Seite der Telefonseelsorge sind Ehrenamtliche, die nach einigen Jahren der Mitarbeit am Telefon durch eine Zusatzausbildung die Qualifikation für die Mail oder Chatseelsorge erwerben. Es ist eine Freude, wenn die Ratsuchenden zum Dank ein Lächeln durch die Tastatur auf den Monitor senden – es kommt an.